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Entscheiden mit den 6 Hüten des Denkens

Viele Beteiligte. Alle wollen mitreden, mitentscheiden und haben doch ihre einseitige Betrachtungsweise auf das Thema und auf das Ziel. Kontroverse Gedanken und Lösungsideen werden emotional aufgeworfen – und zu einer Einigung kommt es nicht. Wie die Beteiligten dazu eingeladen werden, unterschiedliche Perspektiven auf ein spezifisches Thema einzunehmen, erfahren Sie hier.

Als Personalist:in kennen Sie sicherlich Situationen wie diese: Viele Personen sitzen an einem Tisch, diskutieren voller Leidenschaft und bringen ihre Sichtweise ein, können sich aber nur schwer in andere hineinversetzen und es geht kaum noch ums eigentliche Thema. Sie haben den Eindruck, jeder will sich durchsetzen – mit dem Ergebnis: kein Ende in Sicht. Kein nächster sinnvoller Schritt in Richtung Lösung in Reichweite. Eine Entscheidung kann nicht getroffen werden.

Vielfältige Sichtweisen nutzen

Die Entscheidungslogik aus systemtheoretischer Perspektive lautet: Perspektivenvielfalt zur Tiefenforschung, um Wege zu finden, die für die tatsächlich beteiligten Personen/Interessens(gruppen) wirklich „machbar“ sind. Nur wenn die unterschiedlichen Stakeholder zu der Aufgabe, dem Ziel und dem Kontext ein ähnliches Verständnis haben, so können sie (gemeinsam) adäquate Lösungen finden. Lösungen, hinter denen sie stehen und die sie auch umsetzen wollen.

Deshalb gilt, nicht zu rasch mit der Suche nach Lösungsideen zu starten oder nur einen einzigen Vorschlag zu diskutieren. Systemisch entscheiden heißt, das „Problem“ beziehungsweise das Anliegen sehr genau zu verstehen, alle Facetten beleuchtet zu haben und durch diese Multiperspektivität aus der scheinbaren „Alternativlosigkeit“ rauszukommen und mehr Möglichkeiten zu entdecken. Das dahinterliegende Anliegen: die Anzahl an Handlungsmöglichkeiten zu erhöhen. Die an der Entscheidung Beteiligten lernen das Entscheidungsfeld in vielfältigen Facetten kennen. Indem wir sie sinnvoll involvieren, erhöht sich im besten Fall das Commitment zur Entscheidung, zum Vorgehen und zu den nächsten Schritten.

Vielleicht kennen ja auch Sie innerhalb Ihres Unternehmens HR-Diskussionen wie diese: Wie wollen wir zukünftig Employer-Branding betreiben? Wie können wir neue Mitarbeiter:innen finden und dann auch halten? In welcher Form wollen wir unsere Führungskräfte dabei einbeziehen und welche Rolle hat Führung überhaupt dabei? Wie wollen wir die Kompetenzen der unterschiedlichen Generationen nutzen und welche Art von Führung braucht es dafür?

Und natürlich gibt es zahlreiche Themen, die das Business beschäftigen und die ebenso heftig diskutiert werden: Wollen wir in neue Länder expandieren – jetzt, später oder vielleicht doch lieber gar nicht? Gilt es, unsere Organisationsstruktur zu verändern, unsere Prozesse zu straffen – oder warten wir lieber ab? Wir sollten uns relevante strategische Fragen stellen: Wie entwickelt sich der Markt? Wie unsere Kunden? Was erwarten unsere Kunden von uns in 3 Jahren? Sind wir dafür gut gerüstet? Aber: Wer soll beim Strategieworkshop dabei sein? Zwei Tage Auszeit – ist das drin?

Perspektivwechsel anregen

Wenn Sie sich nun fragen, wie Sie diese Fragen in heterogenen Gruppen anpacken können, dann sind Sie hier genau richtig! Wir stellen Ihnen eine Methode vor, die Sie sofort anwenden können. Der Wert dieser Methode liegt darin, dass die Teilnehmenden zwangsläufig ihre eigene Perspektive und ihre persönlichen Vorlieben verlassen. Kreativität wird möglich, neue Ideen und Möglichkeiten können gemeinsam entstehen.

Was Sie brauchen:

  • Mut, eine vielleicht bisher noch unbekannte Entscheidungsmethode vorzuschlagen
  • ein wenig Moderationskenntnisse
  • die Bereitschaft der Beteiligten, kreativ ein Thema zu beleuchten
  • 60 bis 90 Minuten gemeinsame Zeit
  • einen Raum mit 6 Flipcharts beziehungsweise 6 „Stationen“

Wie das genau funktioniert:

Schritt 1: Als Moderator:in stellen Sie der Gruppe zunächst die Aufgabe/das Problem/die Herausforderung dar und sagen, wo das Unternehmen mit diesem Thema steht und was bisher schon getan wurde, um zu einer Lösung zu finden.

Schritt 2: Stellen Sie nun die sechs Denkhüte von Edward de Bono vor und erklären Sie die Methodik. Der wichtigste Aspekt dabei ist, die verschiedenen Rollen zu erklären, welche die verschiedenfarbigen Hüte symbolisieren.

Die 6 Denkhüte nach Edward de Bono.
  • Weiß steht für neutrales, analytisches Denken. Diese Rolle beschäftigt sich ausschließlich mit Zahlen, Fakten, Daten und den benötigten Informationen. Sie vermeidet, sich eine subjektive Meinung zu bilden und bewertet nicht.
  • Rot: Diese Farbe steht für subjektives, emotionales Denken. Diese Rolle bildet sich eine persönliche Meinung und betrachtet positive wie negative Gefühle. Hier dürfen auch Widersprüche auftreten.
  • Schwarz: Diese Rolle repräsentiert den pessimistischen Skeptiker. Sie konzentriert sich auf objektive Argumente/ negative Aspekte. Mitglieder mit schwarzem Denkhut denken an Risiken und Einwände.
  • Gelb: Hier ist realistischer Optimismus gefragt. Positive Argumente werden gesammelt. Chancen und Vorteile sind Thema des „gelben Denkers”.
  • Grün: Der grüne Denkhut steht für Innovation, Neuheit und Assoziation. Die grüne Rolle produziert ausschließlich neue Ideen und kreative Vorschläge: alle Ideen werden gesammelt.
  • Blau: Die blaue Rolle sorgt für Ordnung und Überblick. Ihre Aufgabe ist es, Ideen und Gedanken (neu) zu strukturieren.

Schritt 3: Nachdem die Teilnehmenden mit den Rollen vertraut sind, erfolgt die eigentliche Kreativarbeit gemäß folgendem Schema:

  1. Festlegen der Startfarbe, danach rotieren die Teilnehmenden durch die Farben, sodass am Ende jede/-r Teilnehmende die Perspektive jeder Farbe eingenommen hat.
  2. Beschäftigung der Teilnehmenden mit dem Thema nur aus der Perspektive des jeweiligen Denkhuts. Sie können dies allein, in Tandems oder Kleingruppen tun. Dabei können sie sich im Raum auf die „Hüte“ verteilen und dort gemeinsam diejenige Perspektive einnehmen und sich darüber austauschen. Alle paar Minuten (6 bis10 Min. pro Hut), nach einem Tonsignal, wandern sie zum nächsten „Hut“ weiter.
  3. Die Teilnehmenden dokumentieren ihre Gedanken. Diese ruft der Moderator/die Moderatorin nach einer bestimmten Bearbeitungszeit ab. Wenn für jeden Denkhut ein Flipchart/Whiteboard/Plakat zur Verfügung steht, ist auch die Dokumentation direkt darauf möglich. Es ist bei Kleingruppen sinnvoll, einen Berichterstatter zu bestimmen, der die Gruppenergebnisse dem Plenum mitteilt.
  4. Diskussion und Bewertung der entstandenen Ideen, Vorschläge und Gedanken im Plenum: was hat sich gezeigt? Was ist an neuen, bisher unterbelichteten Aspekten aufgetaucht?
  5. Entscheidung der Gruppe für oder gegen einen Zugang zum Problem oder eine Entscheidungsalternative auf Basis der erweiterten und multiperspektivischen Informationsgrundlage.
  6. Fazit: summarische Bewertung der getroffenen Entscheidung und gegebenenfalls Aufnahme von Zusatzaspekten in die Lösung, die in der Diskussion von einer Mehrheit als wichtig erkannt oder ausgewählt wurden.

Oft ist es sinnvoll, Zeit zum Nachdenken zu gewähren: Alle nehmen sich die dokumentierten Argumente mit und bei einem Folgetermin trifft die Gruppe dann die Entscheidung. Um zu einer tragfähigen Entscheidung zu kommen, legen wir Ihnen die Widerstandsabfrage nahe. Wie diese ganz konkret funktioniert, erfahren Sie in unserem nächsten Blogbeitrag.

Übrigens: Wir freuen uns über Ihr Feedback! Was konnten Sie ausprobieren? Was hat funktioniert – und was nicht so gut? Schreiben Sie uns!

Mehr zum Thema

Lesen Sie auch die folgenden Blogbeiträge von Annika Serfass und Doris Schäfer:

Intuitiv entscheiden: Der Umgang mit dem Bauchgefühl.
Im Team entscheiden: Verantwortung delegieren und regeln.

Literaturtipps

Weniger schlecht entscheiden: Praktische Entscheidungstools für agile Zeiten im HR-Management. In: personal manager 2/2023.
Weniger schlecht entscheiden. Praktische Entscheidungstools für agile Zeiten. Von Annika Serfass und Doris Schäfer. Vahlen 2021.
Six Thinking Hats. Von Edward de Bono. Penguin 2017.
Das Sechsfarben-Denken: Ein neues Trainingsmodell. Econ 1987.

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Doris Schäfer

Organisationsberaterin, Trainerin, Coach bei huds.at | www.huds.at
Doris Schäfer (doris.schaefer@huds.at)begleitet Unternehmen als Personalistin und systemische Organisationsberaterin bei HR-Transformationen, in Auswahlverfahren, bei Newplacement-Prozessen sowie in der Unternehmensentwicklung. Sie ist außerdem als Trainerin und Coach tätig.  
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Annika Serfass

Organisationsberaterin, Trainerin | www.annikaserfass.de
Als strategische Organisationsberaterin begleitet Annika Serfass (annika@annikaserfass.de) Unternehmen in Veränderungsprozessen sowie in der Strategie- und der Organisationsentwicklung. Außerdem bietet sie Trainings und hält Vorträge zu Themen wie Entscheidungsfindung, Agilität oder Innovation.