Vollgas für Diversity: Vielfalt bei IKEA Österreich

Foto: Hannah Busing, Unsplash

Für die Vielfalt hat Nicole Steger, Diversity, Inclusion & Equality Leader bei IKEA Österreich, schon einmal eine Road-Tour durch ganz Österreich gemacht. Welche Ziele der schwedische Möbelkonzern in Sachen Diversity verfolgt, beschreibt sie im Interview.

Frau Steger, welche Bedeutung hat Diversity für IKEA Österreich?

Wir wollen, dass sich die Vielfalt der Gesellschaft auch bei unseren Beschäftigten spiegelt. IKEA Ist ein Einzelhandelsunternehmen mit einer sehr diversen Kundschaft. Und wo kaufen Menschen am liebsten ein? Dort, wo sie sich wohl fühlen, wo sie auf andere Menschen treffen, die sie verstehen und ihre Sprache sprechen.  

Das gilt auch für die Berufswelt: Bei der Arbeit kostet es enorm viel Kraft, wenn ich dauernd das Gefühl habe, ich muss mich verstellen, weil mich die anderen nicht verstehen oder so akzeptieren, wie ich bin. Bei IKEA spielt es keine Rolle, ob jemand ein Kopftuch trägt oder als Mann mit einem Mann verheiratet ist. Für uns geht es aber bei diesem Thema nicht nur darum, ein nettes und tolerantes Miteinander zu haben. Diversity ist auch ein Business Case für uns, weil eine vielfältige Belegschaft besser auf die Bedürfnisse einer diversen Kundschaft eingehen kann.

Nicole Steger, Diversity, Inclusion & Equality Leader, IKEA Österreich


Wie vielfältig ist die Belegschaft von IKEA Österreich aktuell?

Natürlich gibt es noch Luft nach oben. Aber was wir schon erreicht haben, ist Gender Balance im Management: Die Hälfte der Managementpositionen ist bei uns mit Frauen besetzt. Das war uns sehr wichtig, denn das schafft Sichtbarkeit und inspiriert Frauen, die bei uns Karriere machen möchten. In anderen Bereichen sind wir noch nicht so weit. Wir haben beispielsweise zwei Logistikzentren in Österreich, in denen die Männer immer noch in der Überzahl sind. Das würden wir gerne ändern.

Ihr beschäftigt euch auch mit dem Thema Geschlechtervielfalt und habt eine Art Road-Tour durch Österreich zu diesem Thema gemacht. Was steckte dahinter?

Mitte Mai ist der IDAHOBIT Day – dem internationale Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie. Diesen haben wir 2022 zum Anlass genommen, mit Courage, der Beratungsstelle für intersexuelle Orientierung, durch Österreich zu touren. Unter dem Motto „Coming out of the Closet“ haben wir uns mit Pax-Schränken, gebrandet in Regenbogenfarben, in fünf Bundeshauptstädten an Bahnhöfen hingestellt und mit Leuten, die an unseren Stand kamen, über das Thema Coming-out gesprochen: Was heißt es für Menschen, wenn sie feststellen, dass die Gender-Identität in ihrem Pass nicht zu ihnen passt? Was heißt es für ihre Beziehungen in der Familie, zu Freunden oder Arbeitskolleg:innen?

Für einen Film über das Team von IKEA Innsbruck habt Ihr im Herbst 2022 den HR Award in der Kategorie Diversity & Inclusion gewonnen. Darin kamen auch einige Mitarbeitende mit Behinderung zu Wort. Welchen Anteil haben sie an der Belegschaft?

Das Thema beschäftigt uns aktuell sehr. Wir möchten mehr Menschen mit Behinderung beschäftigen und spätestens in zwei Jahren keine Ausgleichstaxe mehr zahlen. Es geht uns dabei vor allem darum, dass vielfältigere Teams mehr Perspektiven haben. Menschen mit Behinderung haben zum Beispiel ein ganz anderes Auge für Barrierefreiheit. Denn unsere Kundinnen und Kunden sollen ja nicht nur ungehindert in ein Geschäft kommen, sondern auch Beschilderungen lesen oder barrierefrei online einen Schrank buchen können. Es geht darum, Scheuklappen abzulegen und Menschen mit Behinderung mitzudenken.

Welche weiteren Schwerpunkte setzt Ihr im Bereich Diversity?

Ein weiteres Thema, das uns beschäftigt, heißt „Employment for Refugees“, ein Beschäftigungsprogramm, bei dem wir mit Initiativen zusammenarbeiten, die Geflüchtete ausbilden und zum Beispiel Sprachkurse anbieten. Wir möchten mit dieser Initiative auch die Wahrnehmung von Menschen mit Fluchthintergrund ändern: Welche Stärken oder Fähigkeiten werden ihnen zugeschrieben oder abgesprochen? Wir wissen durch Statistik Österreich, dass fast 40 Prozent der Menschen in Wien keinen österreichischen Pass haben. Dennoch sind wir in Österreich nicht unbedingt bekannt für eine freundliche und offene Willkommenskultur. Daher wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dies zu ändern.

Ich erinnere mich noch an ein Gespräch mit einem Bewerber, der aufgrund seines ausländischen Namens nur Absagen bekommen hat und zu uns sagte, „Ihr seid die ersten, die mich eingeladen haben“. Das hat mich damals sehr berührt, dass jemand nur aufgrund seines Namens keine Chance bekommt.

Wie sorgt IKEA dafür, dass das Recruiting nicht vorurteilsbelastet ist?

Unser Plan ist, dass wir irgendwann gar keine Bewerbungen mehr mit Bildern bekommen. Davon abgesehen haben wir alle Recruiterinnen und Recruiter zum Thema Unconscious Bias geschult. Es ging darum, welche Stereotype es gibt und wie ich dem entgegenwirken kann. Sich diese Vorurteile immer wieder ins Bewusstsein rufen, ist einfach wichtig.

Wie geht es weiter mit dem Diversity Management bei IKEA?

Wir möchten – neben den bereits genannten Initiativen – noch stärker in das Thema Ethnizität und nationale Identität hineinschauen. Denn wir finden es spannend, zu hinterfragen, wie wir uns und andere wahrnehmen. Grundsätzlich ist es uns aber auch wichtig, nicht alle Dimensionen von Diversity gleichzeitig zu bearbeiten. Alle Eisen in der Luft zu halten, wäre unrealistisch. Schlauer ist es aus unserer Sicht, zwei oder drei Schwerpunkte zu setzen und bei denen Vollgas zu geben.

Interview: Bettina Geuenich

Webtipp

Zum Video über das Team von IKEA Innsbruck: http://bit.ly/3yHEvw1

Bettina Geuenich ist die Chefredakteurin der Fachzeitschrift personal manager und des blog.personal-manager.at. Sie beobachtet seit rund 20 Jahren die HR-Szene in Österreich und schreibt darüber.

Bettina Geuenich

Bettina Geuenich ist die Chefredakteurin der Fachzeitschrift personal manager und des blog.personal-manager.at. Sie beobachtet seit rund 20 Jahren die HR-Szene in Österreich und schreibt darüber.

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