Hallo, ich bin Euer Purpose!

Den Purpose finden
Foto: RichVintage, iStock

Wenn Ihr Unternehmen ein Purpose Statement hat, dann bekommen Sie bei diesem Satz entweder Gänsehaut oder sie finden ihn ganz ok oder sie finden ihn voll daneben. Wenn Sie keine Gänsehaut bekommen, dann ist etwas schiefgelaufen. Tauchen Sie mit mir in diesem kurzen Beitrag ins Thema Purpose ein. Was genau ist Purpose in Unternehmen? Wer kann so ein Statement definieren? Und was geschieht, wenn ein Purpose diktiert wird?


Definition des Unternehmenspurpose

Ein Purpose beschreibt, welchen Beitrag eine Organisation für eine bestimmte Zielgruppe leistet und welche positive Wirkung die Organisation damit erreichen will:

[Unser Beitrag] + [für wen] + [positive Wirkung]

Mit positiver Wirkung meine ich eine positive Wirkung aufs Gemeinwohl. Der Fokus auf soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit in der Wirkung macht ein gutes Purpose Statement aus! Ja, Sie lesen richtig. Der Purpose einer Organisation lässt sich nie ohne den Kontext der Organisation denken. Existenz gibt es in der globalisierten Welt nur als Co-Existenz.

„Delivering Happiness“ als Purpose Statement eines Online-Versandhandels ist aus meiner Sicht kein ernstzunehmender Purpose. Die Umweltkosten von Milliarden durch die Welt gekarrter Pakete und prekäre Beschäftigungsbedingungen für Subunternehmerinnen zeigen, dass Purpose hier nur als Marketing und Employer Branding genutzt wird. Hier geht es nicht um eine echte Purpose Driven Organization, die mit ihrer Arbeit einen Sinn-vollen Beitrag leisten will, der nachhaltig das Überleben (aller) sichert.

Das klingt vielleicht radikal. Ich finde es einfach nur logisch und im Zeitalter globaler Krisen kommen wir gerade in dieser Realität an und sehen die Wirkung und Verantwortung von Organisationen.

Purpose beschreibt Zukunft

Damit beschreibt ein guter Purpose immer Zukunft: Welche Wirkung streben wir an? Wonach strecken wir uns? Was wollen wir in der Welt unserer Kund:innen sehen? Ein Purpose Statement ist wie ein Stern, den man sich höher setzt, als man selbst greifen kann. Man sieht ihn, man streckt sich hin, man erreicht ihn noch nicht.


Wenn ein Purpose nur beschreibt, was eine Firma jetzt gerade macht, würde ich das eher ein Mission Statement nennen. Der Bosch Konzern nennt es „Technik fürs Leben“ – eine Selbstbeschreibung. Hieraus entsteht wenig Sogkraft in der Organisation.
Gute und authentische Purpose Statements sind zum Beispiel:

  • dm Drogeriemarkt: Wir schaffen einen sozialen Organismus, in dem Menschen ihre Potenziale entfalten und einen Beitrag zur esellschaft leisten können.
  • Guthmann Aluminium Draht: Wir verändern Wirtschaft und Gesellschaft, indem wir als achtsame Organisation Vorbild für andere Unternehmen sind.
  • Ökofrost: Gesunde Entwicklung durch echte Lebens-mittel
  • Patagonia: We are in business to save our home planet
Der Purpose ist schon da - er muss nur gefunden werden.
Illustration: Franziska Ruflair

Wie kommt ein Unternehmen zum Purpose?

Der Purpose ist eine Synthese aus der DNA einer Organisation, aus dem Bedarf der unmittelbaren und größeren Umwelt der Organisation und aus dem Können und dem Streben jener, die jetzt die Organisation gestalten. Gute Fragen auf dem Weg sind:

  • Wo kommt das Unternehmen her?
  • Was war der Gründungsgedanke?
  • Wie hat die Geschichte die Organisation geprägt, welche Wirkungen hat sie erzielt?
  • Was brauchen die Kundinnen der Organisation heute?
  • Was brauchen Sie in Zukunft?
  • Was braucht der größere Kontext (Gesellschaft, Region, Branche, ..)?
  • Was können wir gut? Was lieben wir? Was streben wir an?
  • Woher bekommen wir Ressourcen?
  • Was sind unsere größten Hoffnungen auf Wirkung?

Wenn Sie ein Purpose Statement im Unternehmen wirksam machen wollen, dann beziehen Sie möglichst viele in die Entwicklung mit ein. Es wäre zwar viel einfacher, den Purpose im Vorstandsteam zu definieren. Aber dann bekommen sie den Gänsehaut-Effekt eben immer nur im Vorstandsteam. Für alle anderen ist es einfach ein Satz, der noch keine tiefere Bedeutung hat.

Der Weg zum Statement ist ein Dialogprozess, den Sie gut gestalten, so dass sich alle einbringen und damit von Beginn an alle an Bord sind und diesen Denk- und Herzensprozess mitgehen.

Methoden gibt es viele – darunter den Why-Prozess nach Simon Sinek, eine Purpose Quest im U-Prozess, das Ikigai-Modell, die Zwiebelmethode, eine Purpose-Aufstellung oder ein Purpose Board. Sie werden für Ihr Unternehmen jene finden, die zu Ihrer Kultur und Ihrer Logik am besten passt.

Purpose bedeutet Entwicklung

Die Frage nach Purpose ist für Ihr Unternehmen ein Fahrzeug, das Sie an die spannenden Stellen der Organisation bringen wird. In dieser Auseinandersetzung tauchen Bruchstellen auf, Spannungslinien, Potenziale und Entwicklungsfelder. Wenn Sie diesen Dialog zulassen, dann wird Ihnen der Weg zum Purpose helfen, jene Themen zu sehen und aufzugreifen, die für die Zukunft Ihrer Organisation vital sind.

Aber daran sehen Sie auch, dass es ein größeres Unterfangen ist, sich ernsthaft mit Purpose zu beschäftigen. Sie gewinnen dadurch sehr viel. Aber es braucht Commitment und Ressourcen.

Wenn Purpose diktiert wird

Wenn beides nicht da ist, dann sehen Sie Purpose-Prozesse, die auf Leitungsebene bleiben. Unterstützt von einer externen Agentur, von Marktforschung und Beratung wird dann ein Satz formuliert, mit dem Vorstand akkordiert und im Unternehmen „ausgerollt“.
Solche Prozesse bewirken meist das Gegenteil des Intendierten. Mitarbeitende bleiben distanziert von dem Satz, der ihnen „diktiert“ wurde. Er hat mit ihnen nichts zu tun und sie haben mit dem Satz nichts zu tun. Im schlechtesten Fall steht da entweder etwas Generisches, was man über jeden beliebigen Konzern schreiben könnte, oder es steht etwas ganz anderes da, als die Mitarbeitenden jeden Tag im Führungshandeln erleben. Ich nenne keine Beispiele für schlechte Statements, aber Sie kennen Sie bestimmt von Unternehmen.

Wenn Purpose wirken kann

Wenn Sie es dagegen „richtig“ angehen, dann ernten Sie die Früchte eines lebendigen Purpose. In Zahlen sehen Sie dann höhere Mitarbeitenden-Bindung, größeres Engagement, größere Krisenresilienz, tiefere Kundinnen- und Partnerbeziehungen, mehr Innovationskraft und auch größeren ökonomischen Erfolg. Und all das nur als Nebenwirkungen dessen, dass Sie mit Ihrer Organisation
einen Sinn-vollen Beitrag fürs Ganze leisten.

Literaturtipp:

Playbook Purpose Driven Organizations. Von Franziska Fink und Michael Moeller. Schäffer-Poeschel Verlag 2022. Mehr Infos

Webtipp

Mehr Infos liefert die „Purpose Driven World“. Zur Website

Franziska Fink - Foto: A. Chitzasan
Franziska Fink
Partnerin , Beratergruppe Neuwaldegg | Website

Franziska Fink ist Unternehmensberaterin, Coach, Autorin und Partnerin der Beratergruppe Neuwaldegg in Wien. Sie ist auf das Thema Purpose in Organisationen spezialisiert. In ihrer Arbeit mit internationalen Unternehmen hat sich das Thema Sinn als ein Hebel für zukunftsfähige Organisation gezeigt. Noch bevor Purpose zum Mode-Thema im Management wurde, hat sie mit dem Konzept der Purpose Driven Organization ein fundiertes Framework für agile Organisation entwickelt. Es zeigt, in welchen Unternehmensbereichen Purpose Sinn macht und wie man ihn nachhaltig implementiert.

 

 

 

Franziska Fink

Franziska Fink ist Unternehmensberaterin, Coach, Autorin und Partnerin der Beratergruppe Neuwaldegg in Wien. Sie ist auf das Thema Purpose in Organisationen spezialisiert. In ihrer Arbeit mit internationalen Unternehmen hat sich das Thema Sinn als ein Hebel für zukunftsfähige Organisation gezeigt. Noch bevor Purpose zum Mode-Thema im Management wurde, hat sie mit dem Konzept der Purpose Driven Organization ein fundiertes Framework für agile Organisation entwickelt. Es zeigt, in welchen Unternehmensbereichen Purpose Sinn macht und wie man ihn nachhaltig implementiert.      

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