New Work bei A1: Festival für neue Formen der Zusammenarbeit

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Wie wollen wir in Zukunft zusammenarbeiten? Auf der Suche nach Antworten auf diese Frage hat sich eine Arbeitsgruppe des Unternehmen A1 Telekom Austria im ersten Coronajahr 2020 mit New Work beschäftigt. Zwei Jahre später hat das Thema in der Organisation enorm an Dynamik gewonnen, drei New-Work-Festivals sind bereits über die Bühne gegangen und haben die Arbeitsweisen des Unternehmens verändert. Über die Ziele und Ergebnisse der Initiative berichtet Fred Mahringer, Senior Director Human Resources bei A1 Telekom Austria.

Fred Mahringer, Senior Director Human Resources, A1

Herr Mahringer, Sie haben bei A1 die Coronazeit genutzt, um unter dem Schlagwort #MakeItHappen eine New-Work-Initiative zu starten. Was waren die Auslöser dahinter?

Da war zum einen die Pandemiesituation: Wir haben zwar schon lange vor Corona Mobile Work eingeführt, aber in den letzten beiden Jahren hat die Digitalisierung der Zusammenarbeit noch mal einen Schub bekommen. Zum anderen sehen wir, dass unseren Mitarbeitenden Flexibilität sehr wichtig ist und auch das Unternehmen davon profitiert. Mir gefällt hier der Begriff „radikale Flexibilität“, den das Beratungsunternehmen Gartner verwendet. Es geht nämlich nicht mehr nur um die Frage, wann und wo wir arbeiten. Es geht auch darum, mit wem ich woran arbeite. Wir sehen, dass ein viel höheres Committment entsteht, wenn Menschen die Inhalte ihrer Tätigkeit selbst bestimmen und entscheiden können, mit wem sie wann und wo zusammenarbeiten. Das heißt, das Engagement steigt durch diese Freiheiten enorm.


Wenn mich also jemand fragt, warum wir New Work brauchen, dann sehe ich vor allem zwei Gründe: Wir können damit kompetitiv bleiben bei unseren Kundinnen und Kunden, aber wir brauchen es auch am Arbeitsmarkt, um attraktiv zu sein für bestehende und potenzielle Mitarbeitende.

Inwieweit orientieren Sie sich dabei an den Grundideen von Frithjof Bergmann, der den Begriff New Work geprägt hat?

Ich bin ein sehr großer Fan von Frithjof Bergmann. Er hat gesagt, dass die Arbeitswelt zukünftig aus drei Teilen bestehen wird: Das eine ist die Erwerbstätigkeit, das zweite die Produktion von Dingen in der Selbstversorgung und das dritte die Beschäftigung, die wir wirklich, wirklich wollen, in der also unser Herzblut steckt. Ich bin überzeugt davon, dass wir diese Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen, auch in unserer Erwerbsarbeit erleben können. Mittlerweile bin ich etwas unglücklich über den Begriff New Work, weil er eine so hohe Erwartungshaltung schürt. Wir verstehen darunter einfach die Veränderungen in der Zusammenarbeit in Richtung Flexibilität und Selbstbestimmung.

Wie zeigt sich diese Entwicklung in Ihrem Unternehmen?

2012 haben wir mit Mobile Work einen Evolutionsprozess gestartet, der mit der Pandemie 2020 einen Turbo bekommen hat. Wir beschäftigen uns aber, wie gesagt, nicht nur mit der Frage, wo wir arbeiten, sondern denken auch neu darüber nach, wie wir lernen, uns austauschen und koordinieren können. Wir haben heute in unserer Organisation viele agile Organisationsteile – mit Chapters, Boards und Tribes. Das alles sind Elemente von New Work.

Für uns wurde in den vergangenen Jahren klar, dass New Work eigentlich alternativlos ist. Es hat sich daher die Frage gestellt, wie wir unsere Zusammenarbeit noch stärker in diese Richtung gestalten können. Dabei haben wir relativ schnell gemerkt, dass wir aus HR das nicht alleine voranbringen können, sondern unsere Kolleginnen und Kollegen einbinden wollen. So ist die Idee des New-Work-Festivals entstanden.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff „New-Work-Festival“?

Wir dachten ursprünglich, dass wir einen Tag mit Vorträgen zum Thema New Work zusammenstellen – eigene Beiträge und Input von Externen. Aber dann hat es eine unheimliche Dynamik gegeben, weil Kolleginnen und Kollegen auch einen Beitrag leisten und vorstellen wollten, wie sie arbeiten.

Wir sind von den Arbeitsweisen her ein sehr heterogenes Unternehmen. Einige arbeiten in der Technik beim Kunden, andere im Shop, wieder andere sind im Büro oder in der Logistik beschäftigt. Daher haben wir in diesem Prozess der Vorbereitung des New-Work-Festivals relativ schnell erkannt: Die Ideen können nur von den Leuten selbst kommen. Erstens aus Committment-Sicht und zweitens, weil sie selbst am besten wissen, wie ihre eigene Arbeitsumgebung ist. Dabei sind wir auf eine sehr hohe Resonanz gestoßen. So wurden aus den geplanten acht bis zehn Vorträgen mehr als 70 Beiträge über neun Tage hinweg bei rund 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Am Anfang dachten wir, dass die Pandemie möglicherweise ein Problem für die Veranstaltung wäre. Aber das Gegenteil war der Fall. Denn das digitale Set-up war sehr inklusiv. Es hat ermöglicht, dass Leute aus ganz Österreich teilnehmen konnten.

Digitale Veranstaltung beim New-Work-Festival

Worum ging es inhaltlich auf dem Festival?

Wir wollten unsere Arbeitsweisen weiterentwickeln. Unser Anspruch war dabei, einen Schritt voraus zu sein und uns am Arbeitgebermarkt einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, also in dieser Hinsicht unter den ersten Unternehmen in Österreich zu sein. Wenn es um neue Arbeitsweisen geht, sollte man das mit A1 verbinden. Das ist unser Anspruch.

Wir haben auf dem Festival zum Beispiel unsere neuen Arbeitsmodelle diskutiert. Es gibt drei Varianten: „Office based“, „Flex-Office“ und „Mobile based“. Wir sind mindestens einen Tag im Büro, aber niemand muss mehr fünf Tage ins Office kommen. Stattdessen gibt es eine Bandbreite der Möglichkeiten.

Außerdem haben wir bei dem New-Work-Festival unternehmensweit Dailies eingeführt – also kurze Meetings für einen schnellen Austausch im Team. Die gibt es heute vom Leadership Team bis zu den Teams, die operativ in der IT oder in anderen Bereichen arbeiten. Das sind Ergebnisse, die nachwirken.

Wie stark waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Vorbereitung des Festivals eingebunden?

Die wesentlichen Impulse kamen dabei von den Kolleginnen und Kollegen selbst. Das Management hat eigentlich nur den Rahmen vorgegeben – die Infrastruktur und die Zeit zur Verfügung gestellt. Die Flex-Office-Modelle mussten dann natürlich noch den Approval vom Vorstand bekommen. Aber grundsätzlich ist alles dort entstanden. Manche Themen waren ja schon da, an denen ist gefeilt worden, andere wurden wirklich neu kreiert.

Gab es Themen oder Entwicklungen, die Sie überrascht haben?

Ich fand es überraschend und augenöffnend, was in der Organisation möglich ist. Durch das Festival haben beispielsweise Kolleginnen und Kollegen eine Bühne bekommen, die sonst nicht so sichtbar sind, die aber tolle Ideen haben. Es gab viele praktische Tipps, zum Beispiel dazu, wie man gute, hybride Meetings gestaltet: Wie geht das technisch? Wie moderiere und organisiere ich das? Wie arbeite ich mit Boards? Wir haben zum Beispiel zu Beginn der Pandemie Microsoft Teams flächendeckend eingeführt – und mit der Zeit hat sich ein Kollege aus dem Kundendienst zum Teams-Experten schlechthin für die gesamte Organisation entwickelt. Er macht heute Schulungen dazu und bietet auch andere Bildungsformate an. Solche Entwicklungen sind möglich, wenn die Leute sichtbar werden.

Welchen Einfluss hatte die New-Work-Initiative bisher auf Ihr Unternehmen? Was ist heute anders?

Wir haben viele neue Arbeitsweisen entwickelt und viel gelernt über die Unternehmenseinheiten hinweg. Außerdem hat sich eine neue Kultur etabliert, in der es um Co-Creation und um Gestaltungsfreiheit geht. Wir versuchen heute, die Kolleginnen und Kollegen möglichst viel selbst entscheiden zu lassen. Wir nennen das Free-Choice-Modell. Nehmen wir unsere drei neuen Arbeitsmodelle: Wichtig dabei ist, dass die Mitarbeitenden selbst entscheiden, welche Modelle sie wählen. Denn es ist belegt, dass das Committment zu einer Entscheidung, die ich selbst treffe, 17 Mal höher ist als wenn sie mir auferlegt wird. Daher versuchen wir in allen Prozessen Wahlfreiheiten zu lassen.

Durch das New-Work-Festival ist auch das Verständnis für andere Bereiche gestiegen. Denn wenn man nur für seinen eigenen Bereich tätig ist, dann sieht man ja gar nicht, dass wir in der Logistik ganz andere Herausforderungen haben als zum Beispiel im Marketing. Das sind Entwicklungen, die nachhaltig wirken.

Neue Arbeitsweisen entstanden: Agiles Arbeiten bei A1

Welche Learnings aus dem Projekt können Sie teilen?

Unserer Erfahrung nach ist es wichtig, die Mitarbeitenden einzubinden und Dinge auszuprobieren. Wir haben schon vor der Pandemie gemeinsam Dinge erprobt und AB-Testing betrieben, was man ja auch aus der Softwareentwicklung kennt. Wir haben beispielsweise unsere Büros neugestaltet und den Beschäftigten vorab angeboten, die verschiedenen Einrichtungselemente eine Woche lang auszuprobieren und mitzuentscheiden, wie die Räume letztlich gestaltet werden. Es liegt so viel kreative Energie in der Organisation, die es zu nutzen gilt.

Wie geht es mit dem Thema New Work bei A1 weiter?

Wir sind hier gerade dabei, uns einzuschwingen und zu erproben, wie viel wir zu Hause arbeiten und wie viel im Büro, wie wir uns zusammenfinden und das Onboarding für neue Kolleginnen und Kollegen gestalten. Im Bereich Leadership setzen wir ebenfalls diverse Schwerpunkte, um die neuen Arbeitsweisen zu ermöglichen. Wir entwickeln auch unsere Büros weiter. Denn wir brauchen mehr Fläche für Kollaboration und weniger Einzelarbeitsplätze. Auch unsere technische Infrastruktur haben wir weiterentwickelt mit Kameras, die uns bei hybriden Meetings besser unterstützen. New Work ist für uns letztlich ein kontinuierlicher Lernprozess über alle Ebenen hinweg. Wenn die Leute lernen zu lernen, dann passiert das eigentlich von ganz alleine.

Interview: Bettina Geuenich

Bettina Geuenich ist die Chefredakteurin der Fachzeitschrift personal manager und des blog.personal-manager.at. Sie beobachtet seit rund 20 Jahren die HR-Szene in Österreich und schreibt darüber.

Bettina Geuenich

Bettina Geuenich ist die Chefredakteurin der Fachzeitschrift personal manager und des blog.personal-manager.at. Sie beobachtet seit rund 20 Jahren die HR-Szene in Österreich und schreibt darüber.

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